Dirk Ewers - Flug zur Totalen Sonnenfinsternis über dem Nordmeer - 20.März 2015

20. März 2015



Flug zur totalen Sonnenfinsternis über dem Nordmeer




Am Freitag, dem 20. März 2015 schiebt sich der Mond wieder einmal zwischen die Erde und unseren Heimatstern.
In ganz Europa sowie Teilen Afrikas und Asiens wird man dieses Ereignis verfolgen können.
Mit zunehmendem nördlichen Breitengrad erhöht sich auch der Bedeckungsgrad der Sonnenscheibe durch den Mond,
bis in einem halbkreisförmigen Bereich südlich von Island die Kernschattenzone erreicht wird. Hier ist dann wieder die
Beobachtung einer totalen Sonnenfinsternis möglich.

In Deutschland reicht die Verfinsterung der Sonne von 65 % im Alpenraum bis zu 82 % in Schleswig Holstein.
Im Bereich von Nordhessen liegt die Bedeckung bei maximal 76%.
Südlich von Grönland wird der Kernschatten mit einer Geschwindigkeit von ca. 20.000 Stundenkilometern auf die Erd-
oberfläche aufsetzen. Im Gegensatz zur letzten hybriden Finsternis im November 2013 bedeckt er zu diesem Zeitpunkt
jedoch bereits eine Zone von mehr als 400 km Durchmesser. Im weiteren Verlauf verlangsamt sich die Geschwindigkeit
des Schattens sehr schnell und erreicht am Punkt der größten Verfinsterung mit ca.3.200 km/h ihren geringsten Wert.
Die Pfadbreite des Kernschattens erhöht sich in diesem Zeitraum noch leicht auf 460 km.

Nur wenn der Mond die Sonne vollständig bedeckt - und somit eine totale Sonnenfinsternis beobachtbar ist - darf diese
ohne Schutzmittel beobachtet werden. Bei allen anderen Phasen einer Finsternis - sowie natürlich beim Blick auf eine
unverfinsterte Sonne - ist die Reduzierung der Sonneneinstrahlung durch professionelle Filter erforderlich.
Sehr gut eignet sich hierzu die Folie ,Astrosolar' der Firma Baader Planetarium. Diese ist erhältlich in einer Dichte von
ND 3.8, welches einem Dämpfungsfaktor von 6.300 entspricht und NUR FÜR FOTOGRAFISCHE NUTZUNG geeignet ist,
sowie ND 5.0. Diese Folie ist für visuellen Gebrauch geeignet und dämpft das Sonnenlicht sogar um den Faktor 100.000.
Die Folien eignen sich auch sehr gut zum Anfertigen von Aufsatzfiltern für alle Arten von Optiken, wie Ferngläsern oder
Teleskopen. Informationen über diese Produkte und deren Anwendung sowie nützliche Tips zum Basteln der Filter finden
Sie auf den Seiten von Astrosolar.





In der Grafik ist der Verlauf des Kernschattens des Mondes - und somit die Zone, in der eine totale
Sonnenfinsternis beobachtbar ist - in dunkelblauer Farbe gekennzeichnet. Durch Deutschland führt
eine hellblaue Linie, in deren Bereich eine partielle Bedeckung der Sonne von 80% zu sehen sein wird.







Animation des Finsternisverlaufes (Zeit : UTC).
Nur dort, wo der Kernschatten über die Erdoberfläche zieht,
(schwarzer Punkt) ist die Sonnenfinsternis total zu sehen.






Blick auf die Sonnenoberfläche um 9 Uhr UTC (etwa 40
Minuten vor Beginn der Totalen SOFI in unserem Flugzeug).
Quelle : Solar Dynamics Observatory (SDO)



Finsternis-Verlauf über Nordhessen



Tip : Der Astronomische Arbeitskreis Kassel bietet am Finsternistag Vorträge und eine Live-Beobachtung des Ereignisses an.



Finsternis-Verlauf über dem Europäischen Nordmeer






Aktuelle Berichte

20. März




Letzter Lichtstrahl der Sonne beim zweiten Kontakt




Direkter Blick in das Weltall.
Hinter dem Mond erstrahlt die Korona der Sonne; umgeben von einem kristallklaren, tiefstblauen Himmel




Innere Korona und Protuberanzen




Detail-Auszug aus Foto s.o.




Finsternis - Panorama - Blick   -   Über dem Flugzeug-Flügel erstrahlt der Planet Venus
Der kegelförmige Schatten des Mondes erstreckt sich vom Horizont bis zu unserem Flugzeug.
Die links und rechts des Schattenkegels befindlichen Streifen werden durch die Chromosphäre
der Sonne in ein intensives Orange gefärbt.






Ein Video der Diamantring-Effekte zum zweiten und dritten Kontakt können Sie hier herunter laden :

Diamantringe





,Licht Aus' über den Wolken   -   Die Kabine als Dunkelkammer


Ein Zeitraffer-Video der Aktivitäten in der Kabine während der Finsternis können Sie hier herunter laden :

Dunkelkammer



Nach der Landung in Düsseldorf hatte ich gemeinsam mit Stephan Heinsius die Möglichkeit,
die gewonnenen Aufnahmen im ZDF-Studio Düsseldorf zu übergeben und auch bei der
Überspielung nach Mainz bzw. Potsdam dabei zu sein.



Hier können Sie den SOFI-Beitrag im ZDF Heute-Journal aufrufen :

Heute-Journal 20.03.2015





19. März

Nach problemloser, etwa zweistündiger Autofahrt bin ich um 15 Uhr am Flughafen Düsseldorf angekommen.
Im Hotel, welches direkt am Flughafen liegt, treffe ich schon beim Gang durch die Lobby die ersten Mitreisenden :
Neben Glenn Schneider und Kelly Beatty, die für die Organisation des Fluges verantwortlich sind, habe ich die
Möglichkeit, mich mit Robert und Jeanny Minor sowie Ben Cooper zu unterhalten, die an unserem Flug von Bermuda
im November 2013 teilgenommen haben. Weiterhin treffe ich mit Derald Nye auf einen ,Eclipse-Veteranen'
der es sich auch mit 80 Jahren nicht nehmen lässt, auf diesem Flug dabei zu sein.

Um 18 Uhr findet die Vorbesprechung zum Flug, das sogenannte ,Eclipse-Briefing' statt.
Neben detaillierten Ausführungen Glenn Schneiders zur Flugplanung und Besonderheiten bei der Finsternis-Beobachtung
in einem Flugzeug stellt sich auch kurz der Flugkapitän vor. Weiterhin gibt ein Mitglied des Flug-Organisators ,Air Events'
Informationen u.a. zu den Sicherheitskontrollen des Gepäcks. Hier werden ausnahmsweise auch mal größere / sperrigere
Gepäckstücke noch als Handgepäck durchgewunken. ,Die Teile müssen tragbar sein und noch durch das Röntgengerät
passen' ist hier die Aussage.
Um Vereisung auf den Fenstern zu verhindern verbleibt die Maschine über Nacht im Hangar. Aber auch ein Enteisungs-
vorgang kann notfalls noch vor dem Abheben durchgeführt werden.
In unserem Flugzeug werden 56 Personen sitzen (incl. Crew).
Zwischen 5 und 6 Uhr ist der Check-In-Schalter geöffnet.
Um 7:20 Uhr schließen die Türen des Flugzeuges. Falls bis dahin Jemand seinen Platz in der Maschine noch nicht
eingenommen hat, so kann dieser nicht damit rechnen, dass die Maschine warten wird. Kelly Beatty nannte dies in der
Vorbesprechung ein ,individuelles Problem' - auf das leider keine Rücksicht genommen werden kann.

Die Flughöhe ist mit 35.000 Fuss (11.200 Meter) festgelegt. Da sich zu diesem Ereignis noch andere Maschinen in dem
betreffenden Luftraum befinden, werden die Maschinen von der Flugsicherung ,gestackt' - d.h. Ihr Kurs wird in einem
vertikalen Abstand von 1000 Fuss (330 Meter) vorgegeben.
Erst etwa 7 Minuten vor dem zweiten Kontakt werden wir auf die Flugbahn schwenken, die uns eine zeitlang parallel
zum über die Erde ziehenden Mondschatten führen wird.




Links Kelly Beatty (Editor von Sky & Telescope) mit Frau bei der Verteilung von Unterlagen
sowie rechts Robert und Jeanny Minor, die ich bereits von unserem Flug in 2013 kenne.




Links Glenn Schneider bei der Diskussion von Flugdetails.
Dritter von rechts : Ben Cooper - auch er flog mit uns von Bermuda aus zur SOFI 2013.


16.März



Tag für Tag verliert der Mond an Helligkeit.
Da er sich am Erdhimmel weiter der Position der Sonne nähert ist ein immer kleinerer Bereich seiner beleuchteten Oberfläche
von der Erde aus sichtbar. Wie schnell die Zeit vergeht : Am 20.03. ist also wieder Neumond. Und da zu diesem Zeitpunkt die
Position des Mondes direkt auf der Bahn der Erde um die Sonne liegt, wird wieder einmal eine Sonnenfinsternis auf der Erde
sichtbar sein.


Standortwahl und Reisepläne

Der Kernschatten des Mondes trifft während dieser Finsternis nur auf den Färöer-Inseln und Spitzbergen auf Land.
Aufgrund der jahreszeitlich bedingten ungünstigen Wettersituation in dieser Region hatte ich mich allerdings schon frühzeitig für eine
Beobachtung der Finsternis über den Wolken interessiert.
Bei Buchung einer Schiffstour - und somit gegenüber einer Landbeobachtung flexiblerer Standortwahl - wäre es sicher möglich,
die eigenen Chancen für eine erfolgreiche Beobachtung zu erhöhen. Was aber, wenn am Finsternistag ein geschlossener
Wolkenteppich über der betreffenden Region läge ?

Durch den Kontakt mit Glenn Schneider, der uns dankenswerter Weise bei Fragen zur Ausführung des Finsternisfluges von Bermuda
am 3. November 2013 unterstützt hatte, erfuhr ich bereits frühzeitig von seinen Planungen für einen Flug zu dieser totalen Sonnenfinsternis.

Glenn Schneider ist ein amerikanischer Astronomie-Professor, der an der Universität von Tucson in Arizona lehrt.
Er kann bereits auf 31 ! Beobachtungen totaler Sonnenfinsternisse zurück blicken und hat somit eine enorme Erfahrung auf diesem Gebiet.
So hat er beispielsweise ein Software-Programm entwickelt, mit dem man alle erforderlichen Parameter für einen Finsternisflug im voraus
berechnen und während des Fluges auch in Echtzeit überwachen kann. Für die NASA betreut er u.a. eine Kamera des
Hubble Weltraumteleskopes, das NICMOS-Instrument.

Der von Glenn Schneider betreute Rundflug wird von Düsseldorf aus zum Nordmeer aufbrechen und nördlich der Färöer-Inseln durch den
Punkt der größten Finsternisdauer fliegen. Dort könnte ein Beobachter auf dem Meer eine totale Sonnenfinsternis von etwa zwei Minuten
und 45 Sekunden erleben. Durch den Flug der von Air Berlin gecharterten Boeing 737-800 in direkter Bewegungsrichtung des Kernschattens
des Mondes kann diese Zeit sogar um etwa eine Minute verlängert werden. Die gesamte Flugzeit wird etwa sechs Stunden betragen.

Im Gegensatz zu dem selbst organisierten Bermuda-Flug sollte bei diesem Ereignis die Sonnenfinsternisbeobachtung deutlich entspannter
verlaufen. Wie auch Stephan Heinsius, der mit mir gemeinsam den Flug im November 2013 geplant und durchgeführt hatte, werde ich
diesen Flug als ,ganz normaler Passagier' antreten.
Nun ja - was man halt bei so einem Flug ,normal' nennt : Natürlich wird man auch hier die Sonnenfinsternis nur auf einer Seite des Flugzeuges
beobachten können. Die Plätze auf der linken Seite bleiben somit leer. Ja, OK - eigentlich auch die Nachbarplätze neben den Sitzen an den
Fenstern auf der rechten Seite. Also werden dort im Prinzip 31 Personen hinter 31 Fenstern sitzen - und dabei wohl hoffen, dass das Flugzeug
durch das Ungleichgewicht nicht vom Kurs ab kommt ... ;-)
Während der totalen Phase zeigen sich Sonne und Mond in einer Höhe von 18,7 Grad über dem Südost-Horizont; somit ist eine recht bequeme
Beobachtung der Finsternis möglich.






Vorteile eines Beobachtungsfluges

Wenn man die Gegebenheiten einer Beobachtung in grosser Höhe mit denen auf der Erdoberfläche
vergleicht so stellt man schnell fest, daß der hier getätigte Aufwand durchaus zu rechtfertigen ist :


-   Die Wahrscheinlichkeit eines von Wolken ungetrübten Blickes auf das Ereignis ist sehr hoch

-   Die Luftunruhe durch Verwirbelungen in den einzelnen Luftschichten ist ausgeschaltet (Seeing)

-   Die Himmelstransparenz ist in 11 Kilometern Höhe wesentlich besser als auf der Erdoberfläche

-   Die Sonnenkorona wird vor einem schwarzen Himmel und somit besonders kontrastreich erscheinen

-   Der Blick von oben ermöglicht die Betrachtung des wandernden Mondschattens bis zu der
in 400km Entfernung verlaufenden Horizontlinie

-   Durch Anpassung der Flugstrecke an die Bewegungsrichtung des Mondschattens kann
die Aufenthaltsdauer im Kernschatten des Mondes verlängert werden.

-   Auch die Phasen um den zweiten und dritten Kontakt von Sonne und Mond verlangsamen
und intensivieren sich durch diesen Vorgang.





Weiterführende Links :

SOFI-Info von K.-P. Haupt, Astronomischer Arbeitskreis Kassel




Wetter-Links :